Zusammenfassung des Urteils IV 2013/470: Versicherungsgericht
Die Chambre des recours du Tribunal cantonal hat in einem Fall entschieden, in dem X.________ Sàrl gegen Y.________ SA in Liquidation geklagt hat. Es ging um einen Vertrag zwischen den Parteien, der als ein Vertrag d'entreprise betrachtet wurde. Die Gerichtskosten betrugen 411 CHF. Der Richter war M. Colombini. Die Entscheidung wurde am 14. Oktober 2010 getroffen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2013/470 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 14.12.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 17 ATSG. Art. 28 IVG. Zusprache einer Rente der Invalidenversicherung, bevor die berufliche Eingliederung abgeschlossen worden ist (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. Dezember 2015, IV 2013/470). |
Schlagwörter : | Rente; Arbeit; IV-act; Entscheid; IV-Stelle; Prozent; Arbeitsfähigkeit; Versicherungsgericht; Arbeitsunfähigkeit; Verfügung; Recht; Eingliederung; Rentenanspruch; Gutachten; MEDAS; Dispositiv; Arbeitsfähigkeitsschätzung; Zeitraum; Sachverständige; Hausarzt |
Rechtsnorm: | Art. 17 ATSG ;Art. 21 ATSG ;Art. 42 ATSG ;Art. 49 ATSG ; |
Referenz BGE: | 120 V 190; 126 V 75; 131 V 164; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 14. Dezember 2015
Besetzung
Vizepräsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Lisbeth Mattle Frei; Gerichtsschreiber Tobias Bolt
Geschäftsnr. IV 2013/470
Parteien
A. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Edwin Bigger, Rechtsagent, Sonnenbühlstrasse 3, 9200 Gossau,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand Rente Sachverhalt A.
A. meldete sich am 25. April 2005 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an (IV-act. 1). Sie gab an, sie habe in ihrem Herkunftsland eine Berufslehre im Metallbau absolviert. In den Jahren 2000-2003 habe sie als Küchenhilfe gearbeitet. Der Hausarzt Dr. med. B. berichtete am 6. Mai 2005 (IV-act. 12), die Versicherte leide an einer chronischen Lumboischialgie bei einer Discushernie L4/5 mit einer Kompression der Nervenwurzel S1 links sowie an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit einer reaktiven Depression. Zur Zeit könne ihr keine Erwerbstätigkeit zugemutet werden. Die Psychiaterin Dr. med. C. teilte am 17. Mai 2005 mit (IV-act. 16), sie habe eine Anpassungsstörung mit Angst und mit einer depressiven Reaktion bei einer psychosozialen Belastungssituation, eine undifferenzierte Somatisierungsstörung sowie eine abhängige Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Die Versicherte sei vom 8. Dezember 2004 bis zum 2. März 2005 stationär psychiatrisch behandelt worden. Aus psychiatrischer Sicht bestehe seit dem Austritt aus der Klinik eine Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent. Im Oktober 2005 führte die IV-Stelle eine Abklärung im Haushalt der Versicherten durch, die ergab, dass diese ohne die Gesundheitsbeeinträchtigung vollzeitig erwerbstätig wäre (IV-act. 20). Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) Zentralschweiz am 18. April 2007 ein polydisziplinäres Gutachten (IV-act. 31). Die Sachverständigen führten aus, die Versicherte leide an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen, selbstunsicheren, abhängigen, unreifen und histrionischen Anteilen, an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, an einer Anpassungsstörung mit einer gemischten Störung von Gefühlen und Sozialverhalten, an einem episodischen schädlichen Alkoholgebrauch sowie an einem intermittierenden lumbovertebralen Schmerzsyndrom. Die langjährig
ausgeübte Tätigkeit als Restaurantangestellte sei ihr in einem Pensum von 50 Prozent zumutbar. Auch andere körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien zu 50 Prozent zumutbar. Mittels einer fortgesetzten Psychotherapie könne diese Arbeitsfähigkeit „gefestigt“ werden. Ob eine Steigerung möglich sei, könne nicht abgeschätzt werden. In beruflicher Hinsicht sei die Versicherte auf die Mithilfe der Invalidenversicherung bei der Vermittlung einer geeigneten Arbeit angewiesen. Die Arbeitsfähigkeitsschätzung gelte ab dem Tag der Schlussbesprechung, also ab dem
30. März 2007. Bis zu diesem Datum sei die Versicherte durch ein Zeugnis des Hausarztes ab dem 12. Mai 2003 zu 100 Prozent arbeitsunfähig geschrieben gewesen. Eine Ärztin des IV-internen regionalen ärztlichen Dienstes (RAD) erachtete das Gutachten als überzeugend und notierte, es sei für die Zeit vom 12. Mai 2003 bis zum
29. April 2007 von einer vollständigen und für die Zeit ab dem 30. März 2007 von einer
hälftigen Arbeitsunfähigkeit auszugehen (IV-act. 32).
Im Juni 2007 nahm ein Eingliederungsberater der IV-Stelle Kontakt mit der Versicherten auf (IV-act. 34). Er forderte sie auf, Fragen zu ihrer beruflichen Situation zu beantworten (IV-act. 38). Ende Juli 2007 antwortete die Versicherte unter Hinweis auf ein Arztzeugnis von Dr. C. , sie sei vollständig arbeitsunfähig und könne keiner Erwerbstätigkeit nachgehen (IV-act. 38). Schon in einem Beratungsgespräch am 4. Juli 2007 hatte der Amtsvormund als Beistand der Versicherten mitgeteilt (IV-act. 41), dass die Versicherte nicht einmal mit ihrem häuslichen Alltag zurechtkomme. Sie könne keine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Gerade eben sei sie aus einem weiteren stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik nach Hause zurückgekehrt. Die Arbeitsfähigkeitsschätzung der MEDAS Zentralschweiz sei falsch. Im September 2007 berichtete die psychiatrische Klinik D. über die stationäre Behandlung im Zeitraum vom 26. Juni 2007 bis zum 3. Juli 2007 (IV-act. 44). Die Ärzte sahen sich wegen der kurzen Dauer der Hospitalisation nicht in der Lage, Stellung zur Arbeitsfähigkeit zu nehmen. Der RAD-Arzt Dr. med. E. empfahl in der Folge die Einholung eines psychiatrischen Verlaufsgutachtens (IV-act. 45). Am 14. Januar 2008 erstattete die Psychiaterin Dr. med. F. im Auftrag der IV-Stelle ein fachärztliches Gutachten (IVact. 50). Sie führte aus, die Versicherte leide an einer Anpassungsstörung mit einer gemischten Störung von Gefühlen und Sozialverhalten, an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie an einer Persönlichkeitsstörung mit vor allem abhängigen Merkmalen. Trotzdem seien ihr leidensadaptierte Tätigkeiten im Umfang
von etwa 50 Prozent zumutbar. Damit die Versicherte eine Chance auf eine Besserung ihres Zustandes habe, sei eine längerfristige stationäre mindestens teilstationäre Behandlung mit einer konsequenten Arbeitstherapie unumgänglich. Der RAD-Arzt Dr. E. qualifizierte dieses Gutachten als überzeugend (IV-act. 51). Ein Sachbearbeiter der IV-Stelle notierte am 4. März 2008, dass für die Vergangenheit kein medizinischer Revisionsgrund ausgewiesen sei, weshalb es unzulässig sei, der Versicherten eine abgestufte ganze und anschliessend halbe Rente zuzusprechen (IV-act. 53). Mit einer Verfügung vom 24. Juli 2008 sprach die IV-Stelle der Versicherten daher mit Wirkung ab dem 1. Mai 2004 eine halbe Rente zu (IV-act. 63).
Dagegen erhob die Versicherte, vertreten durch ihren Beistand, am 12. September 2008 eine Beschwerde (IV-act. 64). Sie liess die Aufhebung der Verfügung, die Gewährung von Integrationsmassnahmen im Sinne des Art. 14a IVG, nach deren Abschluss die Gewährung von beruflichen Eingliederungsmassnahmen und schliesslich die Zusprache einer Rente beantragen. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hob mit einem Entscheid vom 1. Juli 2010 (IV 2008/383; vgl. IV-act. 73) die Rentenverfügung auf und wies die Sache an die IV-Stelle zur Prüfung von Integrationsmassnahmen zurück. Es verpflichtete die IV-Stelle zudem, der Versicherten für die Zeit ab dem 1. Mai 2004 bis zum Beginn der Eingliederungsmassnahmen eine Rente zuzusprechen und hielt fest: „Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach übereinstimmender Beurteilung der MEDAS-Ärzte sowie des RAD eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bis Ende März 2007 ausgewiesen ist“ (IV-act. 73-13).
Am 26. April 2011 notierte ein Mitarbeiter der IV-Stelle (IV-act. 76), dass keine vorläufige Rente zugesprochen werden könne. Zum Rentenanspruch könne erst nach dem Abschluss der beruflichen Eingliederung Stellung genommen werden. Selbst wenn die rückwirkende Zusprache einer vorläufigen Rente zulässig wäre, müsse beachtet werden, dass in medizinischer Hinsicht kein Revisionsgrund vorliege, weshalb für die gesamte Zeitdauer ab dem Ablauf des Wartejahres eine halbe Rente zugesprochen werden müsste. Am 28. April 2011 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit, dass sie erst nach dem Abschluss der Eingliederungsmassnahmen über den Rentenanspruch verfügen werde (IV-act. 77). Am 11. Mai 2011 erhob die Versicherte eine Rechtsverweigerungsbeschwerde (IV-act. 78). Sie beanstandete die Untätigkeit der IV-Stelle und deren Weigerung, eine vorläufige Rente zuzusprechen. Am 25. August
2011 fällte die IV-Stelle den „Grundsatzentscheid“, Massnahmen für die berufliche Eingliederung der Versicherten zu prüfen (IV-act. 91). Mit einem Entscheid vom 16. August 2011 (IV 2011/164; vgl. IV-act. 94) hiess das Versicherungsgericht die Beschwerde vom 11. Mai 2011 gut. Es hielt fest, dass hinsichtlich der beruflichen Eingliederung angesichts einer fast ein Jahr dauernden Untätigkeit der IV-Stelle eine Rechtsverzögerung vorliege. Bezüglich der vorläufigen Rente bestehe eine Bindung an das unangefochten in formelle Rechtskraft erwachsene Urteil vom 1. Juli 2010. Mit ihrer Weigerung, der Versicherten eine entsprechende Rente zuzusprechen, habe die IVStelle eine Rechtsverweigerung begangen. Auf die von der IV-Stelle gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (IV-act. 96) trat das Bundesgericht gemäss seinem Urteil vom 31. Oktober 2011 (9C_721/2011; vgl. IV-act. 100) nicht ein. Es hielt fest, dass das Dispositiv des Entscheides des Versicherungsgerichtes vom 1. Juli 2010 keinen Bezug auf die Erwägungen genommen und keine Verpflichtung enthalten habe, eine vorläufige Rente basierend auf einer Arbeitsunfähigkeit von 100 Prozent im Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zum 31. Mai 2007, zuzusprechen. Deshalb sei die IV-Stelle gar nicht verpflichtet gewesen, eine solche vorläufige Rente auszurichten.
Der Hausarzt Dr. B. berichtete am 21. Januar 2012 über einen unverändert schlechten Gesundheitszustand (IV-act. 106). Auch Dr. C. gab am 18. Februar 2012 an, dass sich der Gesundheitszustand der Versicherten nicht wesentlich verändert habe (IV-act. 108). Am 13. Juni 2012 entschied die IV-Stelle (IV-act. 110), vom 6. August 2012 bis zum 2. November 2012 ein Belastbarkeitstraining durchzuführen. Der zuständige RAD-Arzt hatte eine (unveränderte) Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent angegeben. Am 7. August 2012 teilte die Durchführungsstelle für das Arbeitstraining mit, dass die Versicherte unentschuldigt nicht zum Training erschienen sei (IV-act. 127). Am 14. August 2012 informierte sie die IV-Stelle darüber, dass die Versicherte ein Arztzeugnis eingereicht und die Durchführung des Arbeitstrainings als unmöglich bezeichnet hatte (IV-act. 129). Das Arztzeugnis war von Dr. C. ausgestellt worden; es bescheinigte eine vollständige Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 8. bis zum
29. August 2012 (IV-act. 130). Am 17. August 2012 beschloss die IV-Stelle, das Arbeitstraining abzubrechen (IV-act. 134). Die Versicherte hatte mitgeteilt, dass es ihr gesundheitlich schlecht gehe und dass sie an Problemen mit den Zähnen leide. Sie wolle ihre Zähne nun sanieren lassen. Die Eingliederungsverantwortliche der IV-Stelle
gelangte zum Schluss, dass die Durchführung des Arbeitstrainings auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Zahnsanierung aufzuschieben sei. Am 4. September 2012 wollte die Versicherte das Arbeitstraining wieder aufnehmen; die Eingliederungsverantwortliche der IV-Stelle wies sie darauf hin, dass zuerst die Situation betreffend die Zahnbehandlung sicher geklärt sein müsse (IV-act. 137). In einem Bericht vom 21. September 2012 empfahl der Hausarzt Dr. B. eine Abklärung betreffend die Arbeitsfähigkeit der Versicherten (IV-act. 147). Die Psychiaterin Dr. C. attestierte in einem Bericht vom 1. Oktober 2012 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit, führte aber aus, dass nach den zahnärztlichen Abklärungen die Wiederaufnahme des Arbeitstrainings in einem Pensum von 50 Prozent empfehlenswert sei (IV-act. 153).
Bereits am 25. Mai 2012 hatte der Beistand der Versicherten die
Rentenberechnung ab Mai 2004 beantragt (IV-act. 111). Mit einem Vorbescheid vom
15. Juni 2012 hatte ihm die IV-Stelle mitgeteilt, dass sie für die Vergangenheit keine höhere als die bereits ausgerichtete halbe Rente zusprechen werde (IV-act. 115). Am
14. August 2012 hatte die nun durch einen Rechtsagenten vertretene Versicherte bezugnehmend auf den Vorbescheid vom 15. Juni 2012 beantragen lassen (IV-act. 131), dass ihr für die Zeit vom 1. Mai 2004 bis zum 31. August 2012 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zuzusprechen und dass nach dem Abschluss der Eingliederungsmassnahmen über den Rentenanspruch ab dem 1. September 2012 zu verfügen sei. Zur Begründung hatte ihr Rechtsvertreter ausgeführt, dass die IV-Stelle aufgrund der beiden Entscheide des Versicherungsgerichtes und angesichts des Nichteintretensentscheides des Bundesgerichtes verpflichtet sei, unverzüglich über den Rentenanspruch ab dem 1. Mai 2004 zu verfügen. Das Bundesgericht habe sich entgegen der Auffassung der IV-Stelle nicht materiell zum Rentenanspruch ab dem 1. Mai 2004 geäussert. Es stelle sich dabei auch gar nicht die Frage einer Rentenrevision, denn die einzige Verfügung, mit der bislang über den Rentenanspruch entschieden worden sei, sei ja vom Versicherungsgericht aufgehoben worden. Es liege also noch gar keine Verfügung über den Rentenanspruch im Recht. Die Sachverständige Dr.
F. habe in ihrem Gutachten ausgeführt, dass die Verwirklichung der von ihr attestierten Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent Integrationsmassnahmen für die berufliche Eingliederung voraussetze. Das bedeute, dass die Versicherte bis zum Abschluss der Integrationsmassnahmen als vollständig erwerbsunfähig zu qualifizieren sei. Auch die behandelnde Psychiaterin Dr. C. habe eine vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert.
Da die Integrationsmassnahmen erst am 6. August 2012 begonnen hätten, habe die Versicherte bis zu diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf eine ganze Rente. Mit einem Vorbescheid vom 2. November 2012 kündigte die IV-Stelle der Versicherten an (IV-act. 157), dass sie ihr ab dem 12. Mai 2004 (gemeint wohl: ab dem 1. Mai 2004) eine halbe Rente zusprechen werde. Sie gehe nach wie vor davon aus, dass sie den Invaliditätsgrad ohne eine Bindung an die Entscheide des Versicherungsgerichtes zu berechnen habe und dass aufgrund der medizinischen Akten von einer Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent ausgegangen werden müsse. Da aber die frühere rentenzusprechende Verfügung aufgehoben worden sei, müsse wie von der Versicherten beantragt - nun die entsprechende Rente neu zugesprochen werden. Dagegen liess die Versicherte am 8. Dezember 2012 einwenden (IV-act. 158), sie beantrage nach wie vor die Zusprache einer ganzen Rente ab dem 1. Mai 2004. Zudem müsse die IV-Stelle einen Bericht des psychiatrischen Zentrums G. betreffend die stationäre Behandlung im Zeitraum vom 21.-25. August 2012 einholen. Angesichts einer zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Versicherten sei eine erneute polydisziplinäre Begutachtung notwendig. Mit einem dritten Vorbescheid vom 20. Juni 2013 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit (IV-act. 174), dass sie ihr ab dem 1. Mai 2004 eine befristete halbe Rente bis Ende Januar 2008 zusprechen werde. Der Rentenanspruch werde ab Februar 2008 überprüft, sobald die Eingliederungsmassnahmen abgeschlossen seien. Am 16. Juli 2013 teilte die (neue) Beiständin der Versicherten mit (IV-act. 175), dass diese ihre Zähne noch immer nicht habe sanieren lassen. Die Versicherte habe geltend gemacht, dass die im Oktober 2012 empfohlene Zahnsanierung in der Schweiz viel zu teuer wäre, weshalb sie ihre Zähne in ihrem Herkunftsland sanieren lassen wolle. Aktuell befinde sie sich in den Ferien im Herkunftsland, doch sei unklar, ob sie nun ihre Zähne sanieren lassen werde. Am 23. August 2013 liess die Versicherte bezugnehmend auf den Vorbescheid vom 20. Juni 2013 beantragen (IV-act. 180), dass ihr eine ganze Rente für die Zeit vom 1. Mai 2004 bis zum tatsächlichen Beginn der Eingliederungsmassnahmen zuzusprechen, dass ein Bericht des psychiatrischen Zentrums G. einzuholen und dass ein polydisziplinäres Gutachten in Auftrag zu geben sei. Am 27. August 2013 verfügte die IV-Stelle gemäss ihrem Vorbescheid vom 20. Juni 2013: Sie sprach der Versicherten eine halbe Rente für den Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zum 31. Januar 2008 zu (IV-act. 181).
B.
Am 17. September 2013 liess die Versicherte (nachfolgend: die Beschwerdeführerin) eine Beschwerde gegen die Verfügung vom 27. August 2013 erheben (act. G 1). Ihr Rechtsvertreter beantragte die Zusprache einer ganzen Rente mit Wirkung ab dem 1. Mai 2004 und eventualiter die Rückweisung der Sache zur Einholung eines polydisziplinären Gutachtens und zur anschliessenden Neubeurteilung. Zur Begründung führte er aus, die behandelnden Ärzte hätten für den Zeitraum vom 12. Mai 2003 bis Ende März 2007 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert, weshalb auch das Versicherungsgericht in seinem ersten Entscheid festgehalten habe, dass für diesen Zeitraum von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden müsse. Indem die IV-Stelle (nachfolgend: die Beschwerdegegnerin) in der angefochtenen Verfügung nicht einmal Stellung dazu genommen habe, habe sie den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzt. Bei der Berechnung des Invaliditätsgrades hätte die Beschwerdegegnerin einen Abzug vom Tabellenlohn von 25 Prozent berücksichtigen müssen, worauf die Beschwerdeführerin in der Eingabe vom 23. August 2013 hingewiesen habe. Auch dazu habe die Beschwerdegegnerin keine Stellung genommen, weshalb auch diesbezüglich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliege.
Die Beschwerdegegnerin beantragte am 5. November 2013 die Abweisung der Beschwerde (act. G 7). Zur Begründung führte sie an, vorliegend gehe es nur um den Rentenanspruch für die Zeit vom 1. Mai 2004 bis zum 31. Januar 2008, denn über den Rentenanspruch für die Zeit ab dem 1. Februar 2008 werde erst verfügt werden, wenn die Eingliederungsmassnahmen abgeschlossen worden seien. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liege nicht vor, denn der angefochtenen Verfügung lasse sich entnehmen, welche Erwägungen zum verfügten Entscheid geführt hätten. Aufgrund der Aktenlage sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent im massgebenden Zeitraum auszugehen. Ein Abzug vom Tabellenlohn sei nicht gerechtfertigt. Die Beschwerdeführerin habe folglich einen Anspruch auf eine halbe Rente für die Zeit vom 1. Mai 2004 bis zum 31. Januar 2008.
Die Beschwerdeführerin liess am 4. Dezember 2013 an ihren Anträgen festhalten (act. G 10). Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf eine Duplik (vgl. act. G 12).
Erwägungen
Die Begründungspflicht des Art. 49 Abs. 3 ATSG als Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 42 ATSG) bezweckt, den Verfügungsadressaten in die Lage zu versetzen, den Entscheid der verfügenden Behörde nachzuvollziehen und sich in Kenntnis der wichtigsten Entscheidgründe zu entscheiden, ob er die Verfügung anfechten will. Gegebenenfalls soll es ihm die Begründung der Verfügung ermöglichen, seine Anträge in der Einsprache in der Beschwerde hinreichend zu begründen. Einen darüber hinausgehenden Zweck verfolgt die Begründungspflicht nicht. Da die Beschwerdeführerin der angefochtenen Verfügung die wesentlichen Entscheidgründe hat entnehmen können und da es ihr offensichtlich möglich gewesen ist, ihre Beschwerde ausführlich zu begründen, hat die Begründung in der angefochtenen Verfügung den vom Art. 49 Abs. 3 ATSG angestrebten Zweck erfüllt, weshalb keine Verletzung der Begründungspflicht respektive des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegt, die eine Aufhebung der Verfügung vom 27. August 2013 erfordern würde.
Der Beschwerdeführerin wird offenbar seit dem 1. Mai 2004 eine halbe Rente
der Invalidenversicherung ausbezahlt, obwohl die rentenzusprechende Verfügung vom
24. Juli 2008 durch den unangefochten in formelle Rechtskraft erwachsenen Entscheid des Versicherungsgerichtes vom 1. Juli 2010 aufgehoben worden ist. Mit der angefochtenen Verfügung vom 27. August 2013 hat die Beschwerdegegnerin nachträglich für einen Teil der bereits ausbezahlten Rentenleistungen - nämlich für jene bis und mit Ende Januar 2008 - die verfügungsmässige Grundlage schaffen wollen.
Der Zeitpunkt dieser Befristung der Rentenzusprache per Ende Januar 2008 dürfte mit dem Gutachten von Dr. F. zusammenhängen, das im Januar 2008 erstellt worden ist. Die Beschwerdeführerin beanstandet diese Befristung und die Höhe der Rente. Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin ist auf die Einwände der Beschwerdeführerin betreffend die Befristung der Rente einzugehen, denn der Rentenanspruch kann nicht „zerstückelt“ werden (vgl. BGE 131 V 164). Den Streitgegenstand dieses Verfahrens bildet somit der Rentenanspruch der Beschwerdeführerin als Ganzes, das heisst bis zum Tag des Erlasses der vorliegend angefochtenen Verfügung.
3.
Der erste Entscheid des Versicherungsgerichtes vom 1. Juli 2010 ist unangefochten in formelle Rechtskraft erwachsen und damit für die Parteien und für das Gericht verbindlich geworden. Den Gegenstand des zweiten Beschwerdeverfahrens im Sommer 2011 hat nur eine Rechtsverweigerung gebildet. Der Entscheid des Versicherungsgerichtes vom 16. August 2011 hat folglich nur die Feststellung enthalten, dass die Beschwerdegegnerin die Rechtsanwendung verzögert respektive verweigert hatte. Zur Sache selbst hat sich das Versicherungsgericht in diesem zweiten Entscheid gar nicht äussern können. Auch das Bundesgericht hätte in der Sache selbst nicht entscheiden können, sondern hätte sich darauf beschränken müssen, die Feststellung des Versicherungsgerichtes, es liege eine Rechtsverzögerung beziehungsweise eine Rechtsverweigerung vor, auf deren Rechtmässigkeit zu überprüfen. Da das Bundesgericht aber auf die Beschwerde nicht eingetreten ist, kann sein Urteil vom 31. Oktober 2011 nicht einmal einen diesbezüglichen Entscheid enthalten haben. Die Erwägung des Bundesgerichtes, das Versicherungsgericht habe die Beschwerdegegnerin in seinem Entscheid vom 1. Juli 2010 nicht verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine Rente auszurichten, kann folglich nicht verbindlich sein, denn der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesgericht würde eine entsprechende Anweisung im Dispositiv verbieten, selbst wenn das Bundesgericht auf die Beschwerde eingetreten wäre. Das Versicherungsgericht ist in diesem Sinn frei zu prüfen, welche Bedeutung der Entscheid vom 1. Juli 2010 hat.
Der genaue Inhalt des Dispositivs des Entscheides vom 1. Juli 2010 muss anhand einer Auslegung nicht nur dieses Dispositivs, sondern auch der Erwägungen ermittelt werden. Dem Wortlaut der Ziffer 1 des Dispositivs nach hat sich der Entscheid vom 1. Juli 2010 auf eine Aufhebung der Verfügungen vom 24. Juli 2008 und auf eine Rückweisung der Sache zur Fortführung des Verwaltungsverfahrens beschränkt. Es hat sich dabei also um einen Rückweisungsentscheid gehandelt. Dies schliesst eine Rentenzusprache nicht aus, denn unter bestimmten Umständen kann im selben Entscheid eine Rente zugesprochen und die Sache zur Durchführung von weiteren Abklärungen zurückgewiesen werden. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hat schon mehrmals entsprechende Entscheide erlassen. Diese Entscheide haben aber immer nebst der Rückweisung auch die Rentenzusprache im Dispositiv enthalten. Die Zusprache einer Rente ohne eine Erwähnung dieser Rente im Dispositiv wäre äusserst unüblich, denn sie würde auch dem Grundsatz widersprechen, dass die
verbindlichen Anordnungen ins Dispositiv gehören. Die Auffassung, das Versicherungsgericht habe der Beschwerdeführerin in seinem Entscheid vom 1. Juli 2010 dennoch, also ohne eine Erwähnung der Rentenzusprache im Dispositiv, eine Rente zugesprochen, könnte sich nur mit dem Hinweis auf die Erwägungen im Dispositiv begründen lassen. Dieses Vorgehen wäre aber höchst ungewöhnlich. Dennoch ist zu untersuchen, ob das Versicherungsgericht in diesem einen Entscheid anders vorgegangen ist als in vergleichbaren Fällen. Der mit der Rückweisung verbundene „Auftrag“ an die Beschwerdegegnerin lässt sich der E. 4.1 des Entscheides entnehmen: „Die Sache ist an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit diese im Sinne der Erwägungen weitere Abklärungen vornimmt. So sind Integrationsoder berufliche Massnahmen zu prüfen ( ) über eine vorläufige Rente und nach Abschluss der Massnahmen über den definitiven Rentenanspruch zu verfügen“. Zum definitiven Rentenanspruch hat sich das Versicherungsgericht naturgemäss nicht geäussert, denn dieser hat damals ja noch gar nicht feststehen können. Zum vorläufigen Rentenanspruch hat das Versicherungsgericht in der E. 3.2 ausgeführt: „Sodann wird die Beschwerdegegnerin in Anwendung von BGE 120 V 190 für die Zeit ab dem 1. Mai 2004 bis zum Beginn von Eingliederungsmassnahmen über eine Rente zu befinden haben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach übereinstimmender Beurteilung der MEDAS-Ärzte sowie des RAD eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bis Ende März 2007 ausgewiesen ist“. In der E. 3.3 hat das Versicherungsgericht zudem ausgeführt: „Daraus schliesst das Gericht, dass die Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent nicht ohne weitere Massnahmen im Sinn einer Integration in den Arbeitsmarkt umgesetzt werden kann“. Zusammenfassend hat das Versicherungsgericht mit diesen Ausführungen eine eigene Beurteilung der Aktenlage hinsichtlich der für eine so genannte „Arbeitsunfähigkeitsrente“ im Sinne des BGE 120 V 190 massgebenden Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin abgegeben. Das Gericht ist davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin bis Ende März 2007 vollständig arbeitsunfähig gewesen sei (wobei diese Beurteilung auf einer falschen Interpretation des Gutachtens der MEDAS und der Stellungnahme der RAD-Ärztin beruht hat), dass sie danach zu 50 Prozent arbeitsfähig gewesen wäre, dass sie diese Arbeitsfähigkeit aber erst nach der Durchführung von Integrationsmassnahmen hätte verwerten können, weshalb sie weiterhin als vollständig arbeitsunfähig zu qualifizieren gewesen sei. Aus dieser Beurteilung hat das Versicherungsgericht aber keine
Rechtsfolge abgeleitet. Es hat nämlich nicht nur davon abgesehen, der Beschwerdeführerin im Dispositiv eine entsprechende Rente zuzusprechen, sondern auch darauf verzichtet, die Beschwerdegegnerin in den Erwägungen zur Zusprache einer vorläufigen ganzen Rente zu verpflichten. Nur der in der E. 4.1 enthaltene Hinweis, die Beschwerdegegnerin habe unter anderem „über eine vorläufige Rente“ zu verfügen, könnte als eine entsprechende Verpflichtung interpretiert werden. Diese Anweisung ist aber so zurückhaltend formuliert worden, dass ihr nicht eine Verpflichtung zur Zusprache einer ganzen Rente entnommen werden kann. Die Interpretation der Erwägungen führt somit zum Ergebnis, dass es sich beim Entscheid vom 1. Juli 2010 nicht um eine Ausnahme von der Regel gehandelt hat, nach der das Versicherungsgericht eine Rentenzusprache stets explizit im Dispositiv anführt. Die umfassende Auslegung des Entscheides vom 1. Juli 2010 zeigt also, dass das Versicherungsgericht zwar einen Anspruch auf eine vorläufige ganze Rente als (mehr weniger) ausgewiesen erachtet, aber auf die Zusprache einer entsprechenden
Rente verzichtet hat, weshalb auch die Beschwerdegegnerin nicht verpflichtet gewesen ist, eine befristete ganze Rente zuzusprechen. Folglich ist der Rentenanspruch im vorliegenden Verfahren frei zu prüfen.
4.
Die behandelnde Psychiaterin Dr. C. hat in ihrem ersten Bericht vom 17. Mai 2005 eine Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent attestiert. Die Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz haben in ihrem Gutachten vom 18. April 2007 ebenfalls eine Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent angegeben. Auch Dr. F. ist in ihrem Verlaufsgutachten vom 14. Januar 2008 zum Schluss gekommen, dass eine Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent vorliege. Der Hausarzt Dr. B. - und in der Folge auch die behandelnde Psychiaterin hat dagegen eine vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert. Die Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz haben diese Arbeitsfähigkeitsschätzung in ihrem Gutachten erwähnt, aber nicht gewürdigt. Da sie erst ab dem Zeitpunkt der Begutachtung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon haben ausgehen können, dass ihre Arbeitsfähigkeitsschätzung zutreffend sei, haben sie für die Vergangenheit keine Arbeitsfähigkeitsschätzung abgegeben, sondern lediglich auf das Attest des Hausarztes verwiesen. Daraus kann allerdings nicht abgeleitet werden, dass sie dieses als überwiegend wahrscheinlich richtig qualifiziert
hätten. Dasselbe gilt auch für die Notiz der RAD-Ärztin, die diese Angaben unbesehen übernommen hat. Aus dem Gutachten der MEDAS Zentralschweiz und aus der Notiz der RAD-Ärztin lässt sich also nicht folgern, dass die Sachverständigen die RAD- Ärztin das Attest des Hausarztes als überwiegend wahrscheinlich richtig qualifiziert hätten. Für den Zeitraum vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit (12. Mai 2003) bis zum Zeitpunkt der Begutachtung (April 2007) kann folglich nicht ohne weiteres von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden, nur weil der Hausarzt eine solche attestiert hatte. Zum einen liegt nämlich ein widersprechendes fachärztliches Attest der behandelnden Psychiaterin im Recht. Zum andern enthalten die Akten keinerlei Hinweise auf eine relevante Verbesserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin im massgebenden Zeitraum bis zum April 2007. Die Differenz zwischen der Arbeitsfähigkeitsschätzung der Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz (und der behandelnden Psychiaterin) und jener des Hausarztes lässt sich somit nicht mit einer relevanten Veränderung des Gesundheitszustandes erklären, weshalb es sich dabei um einen Widerspruch hinsichtlich der Arbeitsfähigkeitsschätzungen handelt. Da die fachärztliche, ausführlich und nachvollziehbar begründete Arbeitsfähigkeitsschätzung deutlich überzeugender ist als das nur rudimentär begründete Attest des Hausarztes, ist die Arbeitsfähigkeitsschätzung der Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz auch für den Zeitraum vor der Begutachtung als überwiegend wahrscheinlich zutreffend zu qualifizieren. Somit ist für die Zeit ab dem 12. Mai 2003 mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent mindestens bis zur Fertigstellung des Gutachtens von Dr. F. ausgewiesen.
Dr. F. hat zwar ebenfalls eine Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent attestiert. Sie hat aber festgehalten, dass die Beschwerdeführerin auf eine längerfristige stationäre mindestens teilstationäre Behandlung mit einer konsequenten Arbeitstherapie angewiesen sei. Die Beschwerdeführerin hat daraus abgeleitet, dass Dr. F. eine vollständige Arbeitsunfähigkeit mit der Aussicht auf eine Besserung mittels der empfohlenen therapeutischen Massnahmen attestiert habe. Diese Interpretation des Gutachtens von Dr. F. ist unzutreffend. Die Sachverständige hat nämlich ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin „aktuell zu circa 50 Prozent“ arbeitsfähig sei und dass somit „die Beurteilung durch die MEDAS ( ) weiterhin bestätigt werden“ könne; die
Beschwerdeführerin sei nämlich „bei entsprechender Motivation durchaus im Stande, Ziele zu verfolgen und zu erreichen“ (IV-act. 50-10). Sie hat die von ihr attestierte Arbeitsfähigkeit somit als sofort verwertbar erachtet. Die Ausführungen zur Eingliederungsfähigkeit sind zwar etwas missverständlich, denn Dr. F. hat einerseits ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin auf die erwähnten therapeutischen Massnahmen angewiesen sei, wenn sie „eine Chance auf Besserung ihres Zustandes sowie auf eine Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit“ haben wolle (IV-act. 50-10). Dies bestätigt die Angabe einer Arbeitsfähigkeit von „aktuell circa 50 Prozent“, denn die therapeutischen Massnahmen sind gemäss diesen Ausführungen nicht zur Verwertung der Arbeitsfähigkeit notwendig, sondern dienen „nur“ deren Steigerung. Andererseits hat Dr. F. aber festgehalten, dass „die Umsetzung der medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit beziehungsweise eine Steigerung der Leistungsfähigkeit ( ) bei konsequenter Durchführung durchaus möglich“ sei (IV-act. 50-10). Diese Aussage legt den Schluss nahe, dass die Arbeitsfähigkeit noch nicht verwertbar („umsetzbar“) sei, bevor die therapeutischen Massnahmen durchgeführt seien. Sie widerspricht also den oben zitierten Ausführungen von Dr. F. , die die Möglichkeit einer (sofortigen) Verwertung der Arbeitsfähigkeit voraussetzen. Die genaue Formulierung - „Umsetzung ( ) beziehungsweise Steigerung“ schwächt die Aussage ab, denn die Umsetzung ist nicht dasselbe wie eine Steigerung, weshalb die beiden Alternativen an sich nicht mit
„beziehungsweise“ verwendet werden dürften. Für gewöhnlich stellt das, was nach
„beziehungsweise“ folgt, eher den eigentlichen Inhalt der Aussage dar, nämlich regelmässig eine Präzisierung des Vorhergehenden. Die Sachverständige dürfte also eher an eine Steigerung der Arbeitsfähigkeit als an deren Verwertung gedacht haben. Jedenfalls ist diese Aussage in sich widersprüchlich. Da Dr. F. allerdings in den zwei oben zitierten Aussagen klar die Auffassung zum Ausdruck gebracht hat, dass die Arbeitsfähigkeit sofort verwertbar sei und die Therapien „nur“ einer Steigerung der Arbeitsfähigkeit dienten, können die Ausführungen von Dr. F. gesamthaft nur so verstanden werden, dass sie die Beschwerdeführerin als „effektiv“ zu 50 Prozent arbeitsfähig qualifiziert hat. Die später von der behandelnden Psychiaterin Dr. C. attestierte vollständige Arbeitsunfähigkeit hat von dieser nicht hinreichend belegt werden können. Die entsprechenden Ausführungen sind mangels handfester objektiver Befunde nicht geeignet, Zweifel an der Arbeitsfähigkeitsschätzung der Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz und von Dr. F. zu wecken. Auch eine
Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes ist in den Akten nicht ausgewiesen. Somit ist die Beschwerdeführerin überwiegend wahrscheinlich über den Januar 2008 hinaus und unverändert bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung zu 50 Prozent arbeitsunfähig gewesen.
Die Beschwerdeführerin hat zwar angegeben, in ihrem Herkunftsland eine Berufslehre im Metallbau absolviert zu haben. Sie hat jedoch nie in diesem Beruf gearbeitet. In der Schweiz ist sie durchwegs als Hilfsarbeiterin erwerbstätig gewesen. Ob ihre berufliche Ausbildung hier anerkannt worden wäre, ist ungewiss, denn erfahrungsgemäss entspricht die Qualität der Ausbildung im Herkunftsland der Beschwerdeführerin oft nicht jener einer entsprechenden Ausbildung in der Schweiz. Nachdem die Beschwerdeführerin allerdings seit Jahren nicht mehr im erlernten Beruf gearbeitet hat, ist es unwahrscheinlich, dass sie wieder als Berufsfrau hätte arbeiten und dabei einen entsprechenden durchschnittlichen Lohn erzielen können. Ihre Erwerbsfähigkeit ohne die Gesundheitsbeeinträchtigung hätte also jener einer Hilfsarbeiterin entsprochen, weshalb die Validenkarriere in der Verrichtung von durchschnittlich entlöhnten Hilfsarbeiten besteht und ihr als Valideneinkommen ein durchschnittlicher Hilfsarbeiterlohn anzurechnen ist. Durch die Gesundheitsbeeinträchtigung hat sich das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten verringert. Auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt, der sich nicht nur durch ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage von Arbeitskräften, sondern auch durch einen breiten Fächer von verschiedenen Tätigkeiten auszeichnet, existieren aber nach wie vor diverse zumutbare Hilfsarbeiterstellen. Die Invalidenkarriere besteht also in der Verrichtung einer leidensadaptierten Hilfsarbeit, womit der Ausgangswert des zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommens dem Valideneinkommen entspricht. Der Betrag dieser Vergleichsgrössen kann bei der Berechnung des Invaliditätsgrades mathematisch gar keine Rolle spielen, weshalb der Invaliditätsgrad mittels des so genannten Prozentvergleichs berechnet werden kann. Er entspricht also dem Arbeitsunfähigkeitsgrad, allenfalls korrigiert um einen so genannten Abzug vom Tabellenlohn (vgl. BGE 126 V 75). Mit diesem Abzug vom Tabellenlohn soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass eine versicherte Person unter Umständen nicht in der Lage ist, ihre verbliebene Restarbeitsfähigkeit mit einem durchschnittlichen wirtschaftlichen Erfolg zu verwerten. Hinter dem Tabellenlohnabzug stehen also dieselben ökonomisch-betriebswirtschaftlichen Überlegungen wie beim Abstellen auf
einen Tabellenlohn: Entscheidend ist, welchen objektiven betriebswirtschaftlichen
„Wert“ die Arbeit hat, die die versicherte Person noch leisten kann. Ganz offensichtlich können medizinische Sachverständige keine Antwort auf diese Frage liefern, weshalb die massgebenden ökonomisch-betriebswirtschaftlichen Aspekte in der Arbeitsfähigkeitsschätzung nicht enthalten sein können. Der Ausdruck „Leidensabzug“, der sich in der Praxis nach wie vor hartnäckig hält, muss vor diesem Hintergrund als irreführend bezeichnet werden, denn er erweckt den Eindruck, es seien nicht wirtschaftliche, sondern medizinische Aspekte, relevant, was aber eben gerade nicht der Fall ist. Bei der Beschwerdeführerin ist ein Abzug vom Tabellenlohn gerechtfertigt, weil aufgrund ihres Krankheitsbildes damit gerechnet werden muss, dass sie der Arbeit wesentlich häufiger fern bleiben wird als eine gesunde Mitbewerberin, dass sie ihre Arbeitskraft nicht flexibel einsetzen kann, dass sie nicht in der Lage sein wird, Überstunden zu leisten und dass sie ihre Arbeitsleistung nicht zuverlässig wird erbringen können. Die Beschwerdeführerin bewegt sich mit dem ihr medizinischtheoretisch zumutbaren Pensum von 50 Prozent am Rande ihrer Kräfte. Sie wird nicht in der Lage sein, auch nur eine halbe Stunde Überzeit zu leisten, weshalb ihr potentieller Arbeitgeber bei einem entsprechenden Bedarf dafür eine Ersatzkraft wird einsetzen müssen, was für ihn entsprechende Kosten zur Folge haben wird. Er wird auch bei unerwarteten Absenzen Arbeitsausfällen für eine Ersatzkraft sorgen müssen. Weil die Beschwerdeführerin sich dauernd an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit bewegen wird, ist mit deutlich mehr Absenzen als bei einer gesunden Mitbewerberin zu rechnen. Die Beschwerdeführerin wird ihre Arbeitsleistung auch nicht zuverlässig erbringen können. Ihr potentieller Arbeitgeber wird mit einer erhöhten Fehleranfälligkeit und qualitativ stark schwankenden Arbeitsergebnissen rechnen müssen, was für ihn ebenfalls mit Zusatzkosten verbunden sein wird. Die Beschwerdeführerin wird darauf angewiesen sein, ihre Arbeit möglichst monoton zu verrichten, weshalb sie wohl nicht flexibel wird eingesetzt werden können. Aus diesen Gründen rechtfertigt sich ein Abzug vom Tabellenlohn von 15 Prozent. Der Invaliditätsgrad beträgt also 57,5 Prozent (= 1 - 0,5 × 0,85) beziehungsweise 58 Prozent. Gemäss dem Art. 28 Abs. 2 IVG hat die Beschwerdeführerin somit einen Anspruch auf eine halbe Rente. Da das so genannte Wartejahr im Mai 2003 zu laufen begonnen hat, ist es im Mai 2004 beendet gewesen. Gemäss der damaligen Rechtslage ist der Rentenanspruch in diesem Zeitpunkt entstanden. Die Rente hat aber
nur bis ein Jahr vor der Anmeldung nachbezahlt werden können. Da die Anmeldung im April 2005 und damit „rechtzeitig“ erfolgt ist, ist der Beschwerdeführerin die halbe Rente mit Wirkung ab dem 1. Mai 2004 zuzusprechen.
Eine Befristung der Rente (die faktisch offenbar nach wie vor monatlich ausbezahlt wird) ist nicht gerechtfertigt, denn im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung sind die Eingliederungsmassnahmen noch nicht einmal eingeleitet worden, was bedeutet, dass die Beschwerdeführerin über den 31. Januar 2008 hinaus und mindestens bis zum 27. August 2013 unverändert zu 58 Prozent invalid gewesen ist. Mangels eines Aufhebungsgrundes im Sinne des Art. 17 Abs. 1 ATSG kommt eine Befristung der Rente per 31. Januar 2008 nicht in Frage. Die Beschwerdeführerin hat einen Anspruch auf eine unbefristete Rente, die nach dem Abschluss der medizinischen und der beruflichen Eingliederung unter Umständen zu revidieren sein wird. Die Beschwerdegegnerin wird nötigenfalls in Anwendung des Art. 21 Abs. 4 ATSG dafür sorgen, dass dies möglichst bald der Fall sein wird.
5. Die Beschwerdeführerin dringt folglich mit ihrem Anliegen, nämlich der Aufhebung der von ihr als rechtswidrig erachteten Verfügung, durch. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten, die angesichts des durchschnittlichen Verfahrensaufwandes auf 600 Franken festzusetzen sind, der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Diese hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung auszurichten. Der Vertretungsaufwand ist als durchschnittlich zu qualifizieren, weshalb es sich rechtfertigt, die Parteientschädigung praxisgemäss auf 3’500 Franken (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen. Die Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung wird damit obsolet.
Entscheid
1.
Der Beschwerdeführerin wird mit Wirkung ab dem 1. Mai 2004 eine (unbefristete) halbe Rente der Invalidenversicherung zugesprochen.
2.
Die Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten von Fr. 600.-zu bezahlen.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von
Fr. 3’500.-auszurichten.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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